Der tote Winkel war mal lebendig
Für alt-eingesessene Oltner ist es immer berührend, die vielen fantasievollen, oder wie es nun heisst, mutigen Ideen zum Aufwerten der Personenunterführung Im Winkel zu lesen. Man muss nur visualisieren, dann passiert es. Wirklich? Ich stelle fest, dass die jüngere Generation gar nicht weiss, dass dies alles eigentlich schon mal weitgehend Wirklichkeit war, als der Winkel noch neu war. Die Cafés wechselten sich ab mit kleinen Läden und Filialen von grösseren Läden, die einen guten Mix von Artikeln verkauften. Die Schaufenster dienten noch dem Gewerbe, und sogar ein Teil des Monatsmarkts fand hier statt. Wir kauften dort Spielzeug für die Kinder, Kleider, tranken und knabberten hinterher noch etwas. Manchmal gab es Strassenmusik. Es wurde nicht geflitzt, gerast und gelittert. Wo ist das alles geblieben? Nicht nur die Gewohnheiten haben sich verändert, auch das Bewusstsein, dass man zu einem Gewerbestandort sehr viel mehr Sorge tragen soll, als es nun geschieht. Die Leute, die den Ort mit ihrem Angebot zu einem gemütlichen Treffpunkt machen, leben davon! Stimmt der Umsatz nicht, müssen sie wegziehen. Die Gründe können Vorschriften sein, finanzielle Hürden oder Zugangshindernisse, sprich Zugänglichkeit für alle Verkehrsformen. Was mal tot ist, wird nicht mit Visualisierungen alleine so schnell zum Leben erweckt, die Spirale des Niedergangs nicht mit einigen Pop Ups aufgehalten. Man muss davon leben können.
Als Leserbrief am 01.07.2021 im Oltner Tagblatt erschienen