Schwimm- und Spielstadt Olten
Spielen, bespielen, freispielen. Mit diesem Vokabular muss sich vertraut machen, wer die Visionen der Mehrheit des Oltner Stadtrats und Parlaments teilt. Olten wandelt sich immer mehr vom einstigen Gewerbe-, Produktions- und Einkaufszentrum zu einer Schwimm- Chill- und Spielstadt. Unkompliziert läuft es ab. Ein Vorstoss, zu dem der Stadtrat bereits im voraus seinen Segen bekundet. Dessen Kosten als Nachtragskredit eingebaut. Eine parlamentarische Abstimmung, eine Mehrheit, und schon ist der freigespielte, bespielte Munzingerplatz Tatsache. Die umgebaute Kirchgasse ist offenbar doch nicht Spielplatz genug. In den Sozialmedien wird man aufgefordert, weitere Ideen zu bringen. Bitte, ich möchte dann auch meine Gondelbahn vom Sälischlössli via Stadthausdach und mit gratis Catering bis Bur Wyss, damit das Schöngrund endlich ÖV-Anschluss bekommt, und im Bannwald soll ein Mammutpark entstehen, bei dem die Thaler Wisente vor Neid erblassen. Man muss nur unbekümmert genug sein. Besitzrechte, Enteignung, Gewerbesterben, Haftbarkeit, Kosten, Parkraumvernichtung, alles kein Problem. Wer braucht da eine mühsame Ortsplanungsrevision oder gar ein Budget, wenn das Geld sowieso immer gesprochen und ausgegeben wird? Ein paradiesischer Wahlflyer in meinem Briefkastenversprach ein glückliches Olten, wenn man sich nur für die Vision entscheidet. Glaubt man dies, entwickelt sich in Oltens Stadtrat und Parlament eine Monokultur von Freizeit-Idealisten, die keine echten Probleme mehr lösen.
Als Leserbrief am 26.04.2021 im Oltner Tagblatt erschienen